Wie uns erst heute bekannt wurde, ist Else Goguel bereits am 5. Juli 2017 in Berlin verstorben. Sie war am 4. Oktober 1924 in Leipzig geboren und war über 50 Jahre als Gitarrenlehrerin in Berlin tätig, von vielen Freunden auch liebevoll Elsi oder Gitarrenmutti genannt.
Am 19.11.2017 veranstaltet das Gitarrenensemble „Bruno Henze“ ein Gedenkkonzert für Else Goguel (Dorfkirche Alt-Tegel, 17:00 Uhr).
Würdigung: Else hatte sich trotz mancherlei körperlicher Leiden ihr Temperament, ihre Lebensfreude und ihren Optimismus bis zuletzt bewahrt. Ein wenig davon ist vielleicht aus Frankreich vererbt, denn Elses Vorfahren lebten im 18. Jahrhundert in Montbéliard (damals Mömpelgard). Ihr Urahn wanderte vor knapp 300 Jahren nach Schlesien aus; ihr Vater wurde in der Gegend um Posen geboren, die Mutter in St. Blasien im Schwarzwald. Die Familie siedelte nach Leipzig um.
Else Goguel entdeckte dort schon früh ihre Liebe zum Gesang; jeden Samstag lauschte die Familie dem Motettensingen des Thomanerchors. Sie übte mit ihrer Schwester im Duo und in dieser Formation hatten sie ihre ersten Auftritte. Als Kindergärtnerin arbeitete sie sich bis zur Kindergartenleiterin hoch und betreute – quer durch Deutschland – auch Kinder in Privathaushalten. 1948-52 erhielt sie in Leipzig Gitarrenunterricht bei Margarete Buch (1914-2013), die eine Schülerin von Walter Götze war
Ab 1952 war Else im Staatlichen Volkskunstensemble in Berlin-Köpenick als Gitarristin angestellt. Alle Gitarristen wurden zu Bruno Henze, der die Volksinstrumentengruppe innerhalb des Ensembles leitete, nach Berlin-Charlottenburg zum Unterricht geschickt. So konnte sich zwischen ihm und Else nach und nach eine Zuneigung entwickelten, die sich als eine Verbindung für das ganze Leben erweisen sollte. Ein absoluter Höhepunkt in Elses Leben war die China-Tournee mit dem Volkskunstensemble (Dezember 1953 bis März 1954). Nachdem Henze, der im Westsektor Berlins wohnte, deswegen schon nicht mit nach China durfte, wurde Else die Mitwirkung in diesem Ensemble durch die politisch geprägte Atmosphäre verleidet, so dass sie bald nach dieser China-Tournee ausschied.
Nach dem schweren Entschluss, von Berlin-Ost nach Berlin-West zu wechseln, begann Else ihre Lehrtätigkeit 1955 an der Volksmusikschule Reinickendorf, der sie bis 2002 treu blieb; zusätzlich wirkte sie 1959-94 an der Weddinger Musikschule. Ihr bester Schüler war Christian Bänsch (1956-2016), der regelmäßig Solokonzerte gab und 1983-2003 als Dirigent des Gitarrenchores wirkte. In den 50er Jahren war Else Goguel auch als Sängerin solistisch tätig, unternahm, von Bruno Henze auf der Gitarre begleitet, Tourneen durch Deutschland. Und natürlich war Else von der ersten Stunde an als Stimmführerin der 1. Gitarre im Gitarrenchor dabei (bis 2004).
Else pflegt ihre Freundschaften auf bewundernswerte Weise – die unzähligen ausführlichen Briefe, die sie geschrieben hat, zeugen davon. Die vielen Schüler – noch bis 2007 unterrichtete sie privat – haben sie stets jung gehalten.
2016 wurde es ruhig um Else: Sie war körperlich und geistig geschwächt durch mehrere Stürze, konnte sich nicht mehr aufraffen zum Schreiben und telefonierte nur noch mit einer Handvoll enger Freunde. Sie blieb – bis auf die letzten zwei Monate im Pflegeheim – immer in ihrer geliebten Wohnung. Am 5. Juli 2017 ist sie friedlich eingeschlafen. Fünf Mitglieder des Gitarrenchores, der weiterhin unter dem Namen Gitarrenensemble „Bruno Henze“ regelmäßig Konzerte gibt, haben bei der Trauerfeier musiziert; viele Schüler gaben ihr die letzte Ehre.
Quelle: Rainer Stelle
Postskriptum:
Ein großes Anliegen von Else ist verständlicherweise, das Schaffen ihres Lebensgefährten Bruno Henze (1900-1978) in Ehren zu halten. Das Volumen des Nachlasses an gedruckten und handschriftlichen Noten ist riesengroß. Wer beispielsweise noch die alten – teilweise vergriffenen – Leipziger Ausgaben des 17-bändigen Lehrwerks „Das Gitarrespiel“ oder Gitarren-/Zupfmusikwerke von Ambrosius oder Schubert u.a. des Hofmeister-Verlages sucht, kann sich gern an den Rechtsnachfolger wenden: Rainer Stelle (Windsorer Str. 11, 13349 Berlin, Telefon 030 456 40 84).
Alle aktuellen Ausgaben von Bruno Henze inklusive zweier CD’s können beim Joachim-Trekel-Musikverlag bestellt werden.